11.06.2011

Jährlich Nepomuk-Prozession

Jährlich Nepomuk-Prozession

Düdinghausen, 01.06.2011 02:46 Uhr

Nur wenige im Dorf wussten, dass die alljähr­liche Nepo­muk-Prozes­sion zu Ehren des Dorf­pa­trons Johannes Nepomuk ein zentrales Düding­häuser Geschicht­ser­eignis in sich birgt: Sie wurde im Jahre 1763 zum 100-jährigen Gedenken an die endgül­tige Zuord­nung des Dorfes zum katho­li­schen Kurköln ins Leben gerufen und seitdem ohne Unter­bre­chung jähr­lich durch­ge­führt.

Erst vier Jahre zuvor, 1759, war der letzte protestantische Pfarrer in waldeckischem Dienst wegen Mangels an Protestanten aus dem Dorf ausgezogen. Auch die 13 protestantischen Neusiedlerfamilien, die der Graf zur Stärkung des katholischen Glaubens auf seinem Kirchenland angesiedelt hatte, waren im Laufe von 30 Jahren katholisch geworden. Im 20. Jahrhundert war die Erinnerung an diese bewegte Zeit verblasst. Erst durch die Darstellung der Geschichte auf einer Häusertafel fand das verschollene Wissen wieder den Weg in die Dorföffentlichkeit zurück.

Welche Bedeutung kam damals der Verehrung des Heiligen zu? Er hatte 1393 Angriffe des böhmischen Königs Wenzel auf den Einfluss der Kirche erfolgreich abgewehrt, wurde deshalb gefoltert und anschließend in der Moldau ertränkt. Nach der Reformation stand die katholische Kirche wiederum im Konflikt mit verschiedensten protestantischen Landesherren um ihren Einfluss. Das Drängen auf Heiligsprechung dieses entschlossenen Verteidigers der Kirche hatte dann 1729, 336 Jahre nach seinem Tod, Erfolg. Besonders lange dauerte der Religionskonflikt in der zwischen 1529 und 1618 weitgehend protestantischen waldeckischen Freigrafschaft Düdinghausen. Die erfolgreiche Gegenreformation mit der geistlichen Speerspitze der Kreuzherren des Klosters Glindfeld führte zwar 1663 zur Zuordnung des Dorfes zum katholischen Kurköln, beendete den Konflikt jedoch nicht, da dem Waldecker Fürsten weiterhin die alte Kirche, der Pfarrhof und Kirchenland gehörten und er durch seine Pfarrer und durch 13 protestantische Neusiedlerfamilien den protestantischen Glauben im Dorf verteidigte. Bis 1759 hatte sich nach dem Rückzug der protestantischen Pfarrer der Katholizismus im Dorfe wieder voll durchgesetzt.

Die alsbaldige Gründung einer Nepomuk-Bruderschaft mit dem Gelöbnis einer jährlichen Prozession hatte neben dem Ausdruck der Dankbarkeit damals sicherlich auch das Ziel, die Wachsamkeit für die Bewahrung des Glaubens zu erhalten. Auch später musste sich die katholische Kirche weltlicher Angriffe erwehren, so im Konflikt mit dem preußischen Staate um die Aufrechterhaltung des kirchlichen Einflusses auf Schulen und Familien. In diesen war das Dorf ebenfalls verwickelt, da Dechant Dr. Wilhelm Anton Grimme als Freund des Paderborner Bischofs Martin unter Druck gesetzt und - wenn auch erfolglos - aus dem Düdinghäuser Pfarrhause gedrängt werden sollte. Letztlich hat sich dann im 20. Jahrhundert die Trennung der Aufgaben von Staat und Kirche im Lande durchgesetzt.

Bis heute stellt die Nepomuk-Prozession ein bedeutendes kirchliches Gemeinschaftserlebnis im Dorf dar. Die Altäre werden traditionell von Häusernachbarschaften betreut. Die frühere Tradition des Legens bunter Blumenteppiche auf dem gesamten Prozessionswege ist jedoch inzwischen aufgegeben. Welchen tieferen Sinn kann uns die Verehrung dieses mutigen Heiligen geben? Heutzutage erscheint in der westeuropäischen Gesellschaft der Hauptkonkurrent von Kirche und Glauben nicht mehr der Staat, sondern die Verweltlichung des Lebens. Das Engagement des Bischofs Johannes Nepomuk fordert auch heute dazu heraus, täglich an einer bestmöglichen lebendigen Entfaltung des Glaubens im Dorfleben heute und in Zukunft zu arbeiten.

Horst Frese